CunninLynguists
Rezension: CunninLynguists - Strange Journey Vol. 3
Zusammen mit der künstlichen Intelligenz Miley 3000 und zahllosen Gastrappern begeben sich CunninLynguists mit „Strange Journey Vol. 3“ auf eine Bildungsreise zum Planeten Erde, um dort intelligente und einfühlsame Lebewesen zu finden. Das Ergebnis der Mission ist eindeutig, das Urteil vernichtend: „Nice place to visit but I wouldn't want to live here.“

Doch obwohl der Albumtitel und einige Skits den Eindruck eines Konzeptalbums vermitteln, handelt es sich bei der „Strange Journey“-Reihe – im Gegensatz zu den regulären CunninLynguists-Alben wie „Oneirology“ über Träume und Fantasien – eher um eine lose Sammlung von Songs. Das schadet dem Album aber keineswegs, da es sich bei dem Konzept sowieso um eine etwas abgedroschene Idee handelt, die hier an einigen Stellen für ziemlich plumpe Sozialkritik genutzt wird. So kommuniziert beispielsweise der nach Miley Cyrus benannte Computer in „Miley 3000“ nach einem ersten Kontakt mit dem Internet nur noch in Hashtags und möchte lieber Drogen nehmen, twerken und Spaß haben, statt weiter den Planeten zu erforschen.

Etwas differenzierter und deshalb auch spannender wird das Thema im Song „Beyond The Sun“ umgesetzt, in dem Deacon The Villain und J-Live als extraterrestrische Besucher die Menschheit noch einmal an all die Schönheiten und Wunder der Erde erinnern („Got all the beauty in this world and you ignore it/ For you don't see the trees or the forest, you forfeit“), aber ihr auch die Unfähigkeit vorwerfen, aus den eigenen Fehlern zu lernen („You've come so far only to forget/ So much more than you know now/ And I know how/ You've been hitting reset on your history“). Mit „South California“, das auf einem Sample von „Lisa’s Song“ der Progrock-Gruppe Dulcimer basiert, widmen sich CunninLynguists dagegen einem nicht ganz so ernsten und gewichtigen Thema – nämlich ihrer Liebe für kalifornische Frauen. Mit „Drunk Dial“, das die meist ungünstige Kombination von Alkohol und Smartphones behandelt, gönnen sie sich sogar einen Ausflug ins Komödiantische, wenn Grieves seiner Herzensdame Bilder von seinem Penis schicken will, diese aber stattdessen bei Murs landen („You had too much to drink again/ Whiskey and a cellphone ain't never gonna be your friend“).

Doch meist herrscht auf „Strange Journey Vol. 3“ ein nachdenklicherer Ton, schon das folgende „The Morning“ erstickt die absurde Fröhlichkeit von „Drunk Dial“ im Keim, wenn sich Natti, Blu und die herausragende Psalm One in tieftraurigen Zeilen dem Scherbenhaufen einer gescheiterten Beziehung widmen:

"Standing in front of you naked crying again and I feel like a tyrant
I told you once that I loved you more than music, I was lying
But I swear you’re the closest second
And I am the most depressive
But you really make me better
And I really tried to let ya
This angry love a lecture
Vulnerability measured
You calm me with your presence
When you leave me I get reckless so I’m retchin'
And hopefully I throw up all these Catch 22’s
How could you win when I’m losing me fool?"

Häufig scheitern Rap-Alben mit derart vielen Gast-MCs, weil diese sich oft nur bedingt an die Themen der Songs halten und so für die inhaltliche Beliebigkeit einer Cypher sorgen. Doch CunninLynguists sind sehr darum bemüht, dass alle Beiträge in das Konzept des jeweiligen Songs passen und sich teilweise sogar aufeinander beziehen. So erzählt beispielsweise der Song „The Format“ die Geschichte des HipHop aus einer technologischen Perspektive, wobei jeder MC die Vor- und Nachteile eines Tonträgers von Vinyl über Kassetten und CDs zu den nicht-physischen Formaten beleuchtet – zum Glück differenzierter und nicht so schwarzseherisch wie das rahmende Konzept dieser Reise: „Press reset, any era you wish to visit is next/ Hold on as we eject.“