Gerhard Schöne
Die Abenteuer des Löwenkindes Hugo
Der Zirkus Grinelli ist wieder auf Reisen
Der Löwendompteur steht wutschnaubend vorm Zelt
Das Löwenkind Hugo, erst kürzlich gefangen
Lässt sich nicht dressieren, wie schade ums Geld
Es liegt traurig im Käfig, es will einfach nichts fressen
Die Peitsche hilft auch nichts, dabei ist das Tier
So herrlich gewachsen, so stolz und geschmeidig
Doch nicht zu gebrauchen im Zirkuszelt hier
Und Hugo der Löwe sieht vor sich im Dunkeln
Den Löwendompteur heimlich öffnen das Schloss
Da stupst er die Tür auf und springt aus dem Käfig
Der Mond nur ist Zeuge und Hugo läuft los

Radio:

"Liebe Hörerinnen und Hörer, wir unterbrechen das Morgenmagazin für eine wichtige Meldung: Vergangene Nacht ist aus dem Zirkus Grinelli ein gefährlicher Löwe ausgebrochen. Die Polizei hat die Lage unter Kontrolle und tut was sie kann. 1000 Mark Belohnung bekommt derjenige, der den Löwen, welcher übrigens auf den Namen ‚Hugo' hört, tot oder lebendig dem Polizeipräsidenten bringt."

Das Löwenkind Hugo läuft durch offene Türen
Von keinem beachtet ins Kaufhaus hinein
Die Rolltreppe hoch, bis zur Spielzeugabteilung
Und rollt sich ganz müd' zwischen Plüschtieren ein
Er schläft ein paar Stunden, beginnt dann zu schnurren
Denn vor dem Regal, da hockt flüsternd ein Kind
Das krault ihm so zärtlich die buschige Mähne
Da kommt der Verkäufer und sagt: "Hey, verschwind!
Ihr Kinder müsst immer das Spielzeug betatschen!"
Er greift nach dem Löwen und schiebt ihn herum
Der Plüschlöwe bleckt sein Gebiss bedrohlich
Der Spielzeugverkäufer fällt ohnmächtig um
Radio:

"Liebe Hörerinnen und Hörer, wir unterbrechen erneut unsere Mittagssendung. Die Raubtierjagd nach der Bestie ‚Hugo' blieb bisher ohne Erfolg. Lediglich ein Spielzeugverkäufer, der mit Schock ins Krankenhaus gebracht wurde, behauptet, ihn gesehen zu haben. Kommissar Le Frog fand heraus, dass es sich hier wohl um die Verwechslung mit einem Spielzeuglöwen handelte."

Im Schatten schleicht Hugo geduckt übern Rummel
Kriecht unter 'ner Plane zur Geisterbahn rein
Dort schweben Gespenster, dort zappeln Gerippe
Vorüber fahr'n Leute, die quieken und schrei'n
Und draußen erzählen sie: "Ey, kein bisschen gruselig
Bis auf einen Löwen, sieht aus das Biest!"
Gerade fährt drinnen 'ne Dame vorüber
Die noch ganz genüsslich ihr Fruchteis genießt
Das Fruchteis, das duftet nach frischen Bananen
Dem Duft seiner Heimat. Das Heimweh ist groß
Da sieht jene Dame vor sich einen Löwen
Der nach ihrem Eis schnappt. Sie kreischt gellend los

Radio:

"Yeah, hier sind wieder unsere News zur Raubtierjagd. Die Hinweise auf die gesuchte Killerbestie verdichten sich. Frau Elli Zipperlein will einen Löwen unter ihrem Bett gesichtet haben. Herr Alois Schreckschuss meint, in der Waldlichtung auf die Bestie gestoßen zu sein. Herr Fritz Doppelkorn sah sogar zwei Löwen nach einem mehrstündigen Kneipenbesuch. Frau Margot Schreihals schließlich will jenem Ungeheuer in der Geisterbahn begegnet sein. Weitere sachdienliche Hinweise bitte an unsere Polizeistationen."

Das Löwenkind Hugo sucht ein stilles Plätzchen
Ein Laden steht offen, schnell huscht er hinein
Ein Laden mit Mänteln aus wertvollen Pelzen
Von Nerzen und Lämmern und Blaufüchselein
Es klingelt ein Glöckchen, 'ne vornehme Dame
Sucht zwischen den Pelzen was ganz Teures aus
Vielleicht mal ein Jäckchen aus persischem Pudel?
Denn Nerze hat sie schon genügend zu Haus
Da sieht sie am Boden den Pelz eines Löwen
Vollständig mit Mähne, ein prachtvolles Stück
Sie greift nach dem Mantel, der fängt an zu brüllen
Doch sie schreit noch lauter und springt schnell zurück
Radio:

"Zum letzten Mal, verehrte Hörerinnen und Hörer, melden wir uns in Sachen Zirkuslöwe Hugo. Die Polizei stellt zur Stunde auf einer Pressekonferenz das Ergebnis der Raubtierjagd vor. Zuletzt meldete man Löwen aus Teppich-, Möbel-, Pelzgeschäften, aus Kindergärten, Kirchen, Schwimmbädern, U-Bahnen und aus dem Zoo. Leider oder erfreulicherweise handelt es sich hierbei um Falsch- und Fehlmeldungen. Die Polizei vermutet, dies alles könnte ein Werbegag des kleinen Zirkus Grinelli gewesen sein."

Ein Schiff liegt im Hafen, von Mondlicht beschienen
Es brachte Bananen, bald fährt es zurück
Davor hockt ein Löwe so traurig und müde
Die Tür zur Kombüse steht offen ein Stück
Er rollt sich zusammen, gleich hinter die Fässer
Vom Abfallkorb stiehlt er sich nachts etwas Brot
Dann träumt er schon wieder von Mama und Papa
Von weiten Savannen im Abendrot
Und da plötzlich wieder der Duft von Bananen
Das Schiff liegt vor Anker, da springt er geschwind
Von Bord, läuft durch Wälder, bis zu den Savannen
Wo Mama und Papa erwarten ihr Kind