Friedrich Schiller
Wallenstein - Kapitel 4
                                             Zweiter Aufzug
Saal beim Herzog von Friedland
                                              Erster Auftritt

Bediente setzen Stühle und breiten Fußteppiche aus. Gleich darauf Seni, der Astrolog, wie ein italienischer Doktor schwarz und etwas phantastisch gekleidet. Er tritt in die Mitte des Saals, ein weißes Stäbchen in der Hand, womit er die Himmelsgegenden bezeichnet.

Bedienter (mit einem Rauchfaß herumgehend).
Greift an! Macht, daß ein Ende wird! Die Wache
Ruft ins Gewehr. Sie werden gleich erscheinen.

Zweiter Bedienter.
Warum denn aber ward die Erkerstube,
Die rote, abbestellt, die doch so leuchtet?

Erster Bedienter.
Da frag den Mathematikus. Der sagt,
Es sei ein Unglückszimmer.

Zweiter Bedienter.
Narrenspossen!
Das heißt die Leute scheren. Saal ist Saal.
Was kann der Ort viel zu bedeuten haben?

Seni (mit Gravität).
Mein Sohn! Nichts in der Welt ist unbedeutend.
Das Erste aber und Hauptsächlichste
Bei allem ird'schen Ding ist Ort und Stunde.
Dritter Bedienter.
Laß dich mit dem nicht ein, Nathanael.
Muß ihm der Herr doch selbst den Willen tun.

Seni (zählt die Stühle).
Eilf! Eine böse Zahl. Zwölf Stühle setzt,
Zwölf Zeichen hat der Tierkreis; Fünf und Sieben,
Die heil'gen Zahlen, liegen in der Zwölfe.

Zweiter Bedienter.
Was habt Ihr gegen Eilf? Das laßt mich wissen.

Seni.
Eilf ist die Sünde. Eilfe überschreitet
Die zehn Gebote.

Zweiter Bedienter.
So? Und warum nennt Ihr
Die Fünfe eine heil'ge Zahl?

Seni.
Fünf ist
Des Menschen Seele. Wie der Mensch aus Gutem
Und Bösem ist gemischt, so ist die Fünfe
Die erste Zahl aus Grad' und Ungerade.
Erster Bedienter.
Der Narr!

Dritter Bedienter.
Ei, laß ihn doch! Ich hör ihm gerne zu,
Denn mancherlei doch denkt sich bei den Worten.

Zweiter Bedienter.
Hinweg! Sie kommen! Da! zur Seitentür hinaus.
(Sie eilen fort. Seni folgt langsam.)

                                 Zweiter Auftritt
Wallenstein. Die Herzogin.

Wallenstein.
Nun, Herzogin? Sie haben Wien berührt,
Sich vorgestellt der Königin von Ungarn?

Herzogin.
Der Kaiserin auch. Bei beiden Majestäten
Sind wir zum Handkuß zugelassen worden.

Wallenstein.
Wie nahm man's auf, daß ich Gemahlin, Tochter
Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?
Herzogin.
Ich tat nach Ihrer Vorschrift, führte an,
Sie hätten über unser Kind bestimmt
Und möchten gern dem künftigen Gemahl
Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.

Wallenstein.
Mutmaßte man die Wahl, die ich getroffen?

Herzogin.
Man wünschte wohl, sie möcht' auf keinen fremden
Noch lutherischen Herrn gefallen sein.

Wallenstein.
Was wünschen Sie, Elisabeth?

Herzogin.
Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.

Wallenstein (nach einer Pause).
Nun – Und wie war die Aufnahm' sonst am Hofe?

(Herzogin schlägt die Augen nieder und schweigt.)

Verbergen Sie mir nichts – Wie war's damit?

Herzogin.
Oh! mein Gemahl – Es ist nicht alles mehr
Wie sonst – Es ist ein Wandel vorgegangen.

Wallenstein.
Wie? Ließ man's an der alten Achtung fehlen?

Herzogin.
Nicht an der Achtung. Würdig und voll Anstand
War das Benehmen – aber an die Stelle
Huldreich vertraulicher Herablassung
War feierliche Förmlichkeit getreten.
Ach! und die zarte Schonung, die man zeigte,
Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.
Nein! Herzog Albrechts fürstliche Gemahlin,
Graf Harrachs edle Tochter, hätte so –
Nicht eben so empfangen werden sollen!

Wallenstein.
Man schalt gewiß mein neuestes Betragen?

Herzogin.
O hätte man's getan! – Ich bin's von lang her
Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden
Zu sprechen die entrüsteten Gemüter –
Nein, niemand schalt Sie – Man verhüllte sich
In ein so lastend feierliches Schweigen.
Ach! hier ist kein gewöhnlich Mißverständnis, keine
Vorübergehende Empfindlichkeit –
Etwas unglücklich, unersetzliches ist
Geschehn – Sonst pflegte mich die Königin
Von Ungarn immer ihre liebe Muhme
Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.

Wallenstein.
Jetzt unterließ sie's?

Herzogin (ihre Tränen trocknend, nach einer Pause).
Sie umarmte mich,
Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon
Der Türe zuging, kam sie auf mich zu,
Schnell, als besänne sie sich erst, und drückte
Mich an den Busen, mehr mit schmerzlicher
Als zärtlicher Bewegung.

Wallenstein (ergreift ihre Hand).
Fassen Sie sich! –
Wie war's mit Eggenberg, mit Lichtenstein
Und mit den andern Freunden?

Herzogin (den Kopf schüttelnd).
Keinen sah ich.

Wallenstein.
Und der hispanische Conte Ambassador,
Der sonst so warm für mich zu sprechen pflegte?

Herzogin.
Er hatte keine Zunge mehr für Sie.

Wallenstein.
Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr,
Fortan muß eignes Feuer uns erleuchten.

Herzogin.
Und wär' es? Teurer Herzog, wär's an dem,
Was man am Hofe leise flüstert, sich
Im Lande laut erzählt – was Pater Lamormain
Durch einige Winke –

Wallenstein (schnell).
Lamormain! Was sagt der?

Herzogin.
Man zeihe Sie verwegner Überschreitung
Der anvertrauten Vollmacht, freventlicher
Verhöhnung höchster, kaiserlicher Befehle.
Die Spanier, der Bayern stolzer Herzog
Stehen auf als Kläger wider Sie –
Ein Ungewitter zieh' sich über Ihnen
Zusammen, noch weit drohender als jenes,
Das Sie vordem zu Regenspurg gestürzt.
Man spreche, sagt er – ach! ich kann's nicht sagen –

Wallenstein (gespannt).
Nun?

Herzogin.
Von einer zweiten – (Sie stockt.)

Wallenstein.
Zweiten –

Herzogin.
Schimpflichern
– Absetzung.

Wallenstein.
Spricht man?

(Heftig bewegt durch das Zimmer gehend.)

Oh! sie zwingen mich, sie stoßen
Gewaltsam, wider meinen Willen, mich hinein.

Herzogin (sich bittend an ihn schmiegend).
Oh! wenn's noch Zeit ist, mein Gemahl – Wenn es
Mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit
Kann abgewendet werden – Geben Sie nach –
Gewinnen Sie's dem stolzen Herzen ab,
Es ist Ihr Herr und Kaiser, dem Sie weichen.
Oh! lassen Sie es länger nicht geschehn,
Daß hämische Bosheit Ihre gute Absicht
Durch giftige, verhaßte Deutung schwärze.
Mit Siegeskraft der Wahrheit stehen Sie auf,
Die Lügner, die Verleumder zu beschämen.
Wir haben so der guten Freunde wenig.
Sie wissen's! Unser schnelles Glück hat uns
Dem Haß der Menschen bloßgestellt – Was sind wir,
Wenn kaiserliche Huld sich von uns wendet!

                                             Dritter Auftritt
Gräfin Terzky, welche die Prinzessin Thekla an der Hand führt, zu den Vorigen.

Gräfin.
Wie, Schwester? Von Geschäften schon die Rede
Und, wie ich seh, nicht von erfreulichen,
Eh' er noch seines Kindes froh geworden?
Der Freude gehört der erste Augenblick.
Hier, Vater Friedland! das ist deine Tochter!

(Thekla nähert sich ihm schüchtern und will sich auf seine Hand beugen; er empfängt sie in seinen Armen und bleibt einige Zeit in ihrem Anschauen verloren stehen.)

Wallenstein.
Ja! Schön ist mir die Hoffnung aufgegangen.
Ich nehme sie zum Pfande größern Glücks.

Herzogin.
Ein zartes Kind noch war sie, als Sie gingen,
Das große Heer dem Kaiser aufzurichten.
Hernach, als Sie vom Feldzug heimgekehrt
Aus Pommern, war die Tochter schon im Stifte,
Wo sie geblieben ist bis jetzt.

Wallenstein.
Indes
Wir hier im Feld gesorgt, sie groß zu machen,
Das höchste Irdische ihr zu erfechten,
Hat Mutter Natur in stillen Klostermauern
Das Ihrige getan, dem lieben Kind
Aus freier Gunst das Göttliche gegeben
Und führt sie ihrem glänzenden Geschick
Und meiner Hoffnung schön geschmückt entgegen.

Herzogin (zur Prinzessin).
Du hättest deinen Vater wohl nicht wieder
Erkannt, mein Kind? Kaum zähltest du acht Jahre,
Als du sein Angesicht zuletzt gesehn.

Thekla.
Doch, Mutter, auf den ersten Blick – mein Vater
Hat nicht gealtert – Wie sein Bild in mir gelebt,
So steht er blühend jetzt vor meinen Augen.

Wallenstein (zur Herzogin).
Das holde Kind! Wie fein bemerkt und wie
Verständig! Sieh, ich zürnte mit dem Schicksal,
Daß mir's den Sohn versagt, der meines Namens
Und meines Glückes Erbe könnte sein,
In einer stolzen Linie von Fürsten
Mein schnell verlöschtes Dasein weiter leiten.
Ich tat dem Schicksal Unrecht. Hier auf dieses
Jungfräulich blühende Haupt will ich den Kranz
Des kriegerischen Lebens niederlegen;
Nicht für verloren acht ich's, wenn ich's einst,
In einen königlichen Schmuck verwandelt,
Um diese schöne Stirne flechten kann.

(Er hält sie in seinen Armen, wie Piccolomini hereintritt.)

                                   Vierter Auftritt

Max Piccolomini und bald darauf Graf Terzky zu den Vorigen.

Gräfin.
Da kommt der Paladin, der uns beschützte.

Wallenstein.
Sei mir willkommen, Max. Stets warst du mir
Der Bringer irgendeiner schönen Freude,
Und, wie das glückliche Gestirn des Morgens,
Führst du die Lebenssonne mir herauf.

Max.
Mein General –

Wallenstein.
Bis jetzt war es der Kaiser,
Der dich durch meine Hand belohnt. Heut hast du
Den Vater dir, den glücklichen, verpflichtet,
Und diese Schuld muß Friedland selbst bezahlen.

Max.
Mein Fürst! Du eiltest sehr, sie abzutragen.
Ich komme mit Beschämung, ja mit Schmerz;
Denn kaum bin ich hier angelangt, hab Mutter
Und Tochter deinen Armen überliefert,
So wird aus deinem Marstall, reich geschirrt,
Ein prächt'ger Jagdzug mir von dir gebracht,
Für die gehabte Müh' mich abzulohnen.
Ja, ja, mich abzulohnen. Eine Müh',
Ein Amt bloß war's! Nicht eine Gunst, für die
Ich's vorschnell nahm und dir schon volles Herzens
Zu danken kam – Nein, so war's nicht gemeint,
Daß mein Geschäft mein schönstes Glück sein sollte!

(Terzky tritt herein und übergibt dem Herzog Briefe, welche dieser schnell erbricht.)

Gräfin (zu Max).
Belohnt er Ihre Mühe? Seine Freude
Vergilt er Ihnen. Ihnen steht es an,
So zart zu denken; meinem Schwager ziemt's,
Sich immer groß und fürstlich zu beweisen.

Thekla.
So müßt' auch ich an seiner Liebe zweifeln,
Denn seine gütigen Hände schmückten mich,
Noch eh' das Herz des Vaters mir gesprochen.

Max.
Ja, er muß immer geben und beglücken!

(Er ergreift der Herzogin Hand, mit steigender Wärme.)

Was dank ich ihm nicht alles – oh! was sprech ich
Nicht alles aus in diesem teuren Namen Friedland!
Zeitlebens soll ich ein Gefangner sein
Von diesem Namen – darin blühen soll
Mir jedes Glück und jede schöne Hoffnung –
Fest, wie in einem Zauberringe, hält
Das Schicksal mich gebannt in diesem Namen.

Gräfin (welche unterdessen den Herzog sorgfältig beobachtet, bemerkt, daß er bei den Briefen nachdenkend geworden).
Der Bruder will allein sein. Laßt uns gehen.

Wallenstein (wendet sich schnell um, faßt sich und spricht heiter zur Herzogin).
Noch einmal, Fürstin, heiß ich Sie im Feld willkommen.
Sie sind die Wirtin dieses Hofs – Du, Max,
Wirst diesmal noch dein altes Amt verwalten,
Indes wir hier des Herrn Geschäfte treiben.

(Max Piccolomini bietet der Herzogin den Arm, Gräfin führt die Prinzessin ab.)

Terzky (ihm nachrufend).
Versäumt nicht, der Versammlung beizuwohnen.

                                 Fünfter Auftritt
Wallenstein. Terzky.

Wallenstein (in tiefem Nachdenken zu sich selbst).
Sie hat ganz recht gesehn – So ist's und stimmt
Vollkommen zu den übrigen Berichten –
Sie haben ihren letzten Schluß gefaßt
In Wien, mir den Nachfolger schon gegeben.
Der Ungarn König ist's, der Ferdinand,
Des Kaisers Söhnlein, der ist jetzt ihr Heiland,
Das neu aufgehende Gestirn! Mit uns
Gedenkt man fertig schon zu sein, und wie
Ein Abgeschiedner sind wir schon beerbet.
Drum keine Zeit verloren!

(Indem er sich umwendet, bemerkt er den Terzky und gibt ihm einen Brief.)
Graf Altringer läßt sich entschuldigen,
Auch Gallas – Das gefällt mir nicht.

Terzky.
Und wenn du
Noch länger säumst, bricht einer nach dem andern.

Wallenstein.
Der Altringer hat die Tiroler Pässe,
Ich muß ihm einen schicken, daß er mir
Die Spanier aus Mailand nicht hereinläßt.
– Nun! der Sesin, der alte Unterhändler,
Hat sich ja kürzlich wieder blicken lassen.
Was bringt er uns vom Grafen Thurn?

Terzky.
Der Graf entbietet dir,
Er hab' den schwed'schen Kanzler aufgesucht
Zu Halberstadt, wo jetzo der Konvent ist:
Der aber sagt', er sei es müd und wolle
Nichts weiter mehr mit dir zu schaffen haben.

Wallenstein.
Wieso?

Terzky.
Es sei dir nimmer Ernst mit deinen Reden,
Du wollst die Schweden nur zum Narren haben,
Dich mit den Sachsen gegen sie verbinden,
Am Ende sie mit einem elenden Stück Geldes
Abfertigen.

Wallenstein.
So! Meint er wohl, ich soll ihm
Ein schönes deutsches Land zum Raube geben,
Daß wir zuletzt auf eignem Grund und Boden
Selbst nicht mehr Herren sind? Sie müssen fort,
Fort, fort! Wir brauchen keine solche Nachbarn.

Terzky.
Gönn ihnen doch das Fleckchen Land, geht's ja
Nicht von dem deinen! Was bekümmert's dich,
Wenn du das Spiel gewinnest, wer es zahlt.

Wallenstein.
Fort, fort mit ihnen – das verstehst du nicht.
Es soll nicht von mir heißen, daß ich Deutschland
Zerstücket hab', verraten an den Fremdling,
Um meine Portion mir zu erschleichen.
Mich soll das Reich als seinen Schirmer ehren,
Reichsfürstlich mich erweisend, will ich würdig
Mich bei des Reiches Fürsten niedersetzen.
Es soll im Reiche keine fremde Macht
Mir Wurzel fassen, und am wenigsten
Die Goten sollen's, diese Hungerleider,
Die nach dem Segen unsers deutschen Landes
Mit Neidesblicken raubbegierig schauen.
Beistehen sollen sie mir in meinen Planen
Und dennoch nichts dabei zu fischen haben.

Terzky.
Doch mit den Sachsen willst du ehrlicher
Verfahren? Sie verlieren die Geduld,
Weil du so krumme Wege machst –
Was sollen alle diese Masken? sprich!
Die Freunde zweifeln, werden irr an dir –
Der Oxenstirn, der Arnheim, keiner weiß,
Was er von deinem Zögern halten soll.
Am End' bin ich der Lügner, alles geht
Durch mich. Ich hab nicht einmal deine Handschrift.

Wallenstein.
Ich geb nichts Schriftliches von mir, du weißt's.

Terzky.
Woran erkennt man aber deinen Ernst,
Wenn auf das Wort die Tat nicht folgt? Sag selbst,
Was du bisher verhandelt mit dem Feind,
Hätt' alles auch recht gut geschehn sein können,
Wenn du nichts mehr damit gewollt, als ihn
Zum besten haben.

Wallenstein (nach einer Pause, indem er ihn scharf ansieht).
Und woher weißt du, daß ich ihn nicht wirklich
Zum besten habe? Daß ich nicht euch alle
Zum besten habe? Kennst du mich so gut?
Ich wüßte nicht, daß ich mein Innerstes
Dir aufgetan – Der Kaiser, es ist wahr,
Hat übel mich behandelt! – Wenn ich wollte,
Ich könnt' ihm recht viel Böses dafür tun.
Es macht mir Freude, meine Macht zu kennen;
Ob ich sie wirklich brauchen werde, davon, denk ich,
Weißt du nicht mehr zu sagen als ein andrer.

Terzky.
So hast du stets dein Spiel mit uns getrieben!

                                  Sechster Auftritt
Illo zu den Vorigen.

Wallenstein.
Wie steht es draußen? Sind sie vorbereitet?

Illo.
Du findest sie in der Stimmung, wie du wünschest.
Sie wissen um des Kaisers Forderungen
Und toben.

Wallenstein.
Wie erklärt sich Isolan?

Illo.
Der ist mit Leib und Seele dein, seitdem du
Die Pharobank ihm wieder aufgerichtet.

Wallenstein.
Wie nimmt sich der Colalto? Hast du dich
Des Deodat und Tiefenbach versichert?

Illo.
Was Piccolomini tut, das tun sie auch.

Wallenstein.
So, meinst du, kann ich was mit ihnen wagen?

Illo.
– Wenn du der Piccolomini gewiß bist.

Wallenstein.
Wie meiner selbst. Die lassen nie von mir.

Terzky.
Doch wollt' ich, daß du dem Octavio,
Dem Fuchs, nicht so viel trautest.

Wallenstein.
Lehre du
Mich meine Leute kennen. Sechzehnmal
Bin ich zu Feld gezogen mit dem Alten,
– Zudem – ich hab sein Horoskop gestellt,
Wir sind geboren unter gleichen Sternen –
Und kurz – (geheimnisvoll)
Es hat damit sein eigenes Bewenden.
Wenn du mir also gutsagst für die andern –

Illo.
Es ist nur eine Stimme unter allen:
Du dürf'st das Regiment nicht niederlegen.
Sie werden an dich deputieren, hör ich.

Wallenstein.
Wenn ich mich gegen sie verpflichten soll,
So müssen sie's auch gegen mich.

Illo.
Versteht sich.

Wallenstein.
Parole müssen sie mir geben, eidlich, schriftlich,
Sich meinem Dienst zu weihen, unbedingt.

Illo.
Warum nicht?

Terzky.
Unbedingt? Des Kaisers Dienst,
Die Pflichten gegen Östreich werden sie
Sich immer vorbehalten.

Wallenstein (den Kopf schüttelnd). Unbedingt
Muß ich sie haben. Nichts von Vorbehalt!

Illo.
Ich habe einen Einfall – Gibt uns nicht
Graf Terzky ein Bankett heut abend?

Terzky.
Ja,
Und alle Generale sind geladen.

Illo (zum Wallenstein).
Sag! Willst du völlig freie Hand mir lassen?
Ich schaffe dir das Wort der Generale,
So wie du's wünschest.

Wallenstein.
Schaff mir ihre Handschrift.
Wie du dazu gelangen magst, ist deine Sache.

Illo.
Und wenn ich dir's nun bringe, schwarz auf weiß,
Daß alle Chefs, die hier zugegen sind,
Dir blind sich überliefern – Willst du dann
Ernst machen endlich, mit beherzter Tat
Das Glück versuchen?

Wallenstein.
Schaff' mir die Verschreibung!

Illo.
Bedenke, was du tust! Du kannst des Kaisers
Begehren nicht erfüllen – kannst das Heer
Nicht schwächen lassen – nicht die Regimenter
Zum Spanier stoßen lassen, willst du nicht
Die Macht auf ewig aus den Händen geben.
Bedenk das andre auch! Du kannst des Kaisers
Befehl und ernste Ordre nicht verhöhnen,
Nicht länger Ausflucht suchen, temporisieren,
Willst du nicht förmlich brechen mit dem Hof.
Entschließ dich! Willst du mit entschloßner Tat
Zuvor ihm kommen? Willst du, ferner zögernd,
Das Äußerste erwarten?

Wallenstein.
Das geziemt sich,
Eh' man das Äußerste beschließt!

Illo.
Oh! nimm der Stunde wahr, eh' sie entschlüpft.
So selten kommt der Augenblick im Leben,
Der wahrhaft wichtig ist und groß. Wo eine
Entscheidung soll geschehen, da muß vieles
Sich glücklich treffen und zusammenfinden –
Und einzeln nur, zerstreuet zeigen sich
Des Glückes Fäden, die Gelegenheiten,
Die, nur in einen Lebenspunkt zusammen
Gedrängt, den schweren Früchteknoten bilden.
Sieh! Wie entscheidend, wie verhängnisvoll
Sich's jetzt um dich zusammenzieht! – Die Häupter
Des Heers, die besten, trefflichsten, um dich,
Den königlichen Führer, her versammelt,
Nur deinen Wink erwarten sie – Oh! laß
Sie so nicht wieder auseinandergehen!
So einig führst du sie im ganzen Lauf
Des Krieges nicht zum zweitenmal zusammen.
Die hohe Flut ist's, die das schwere Schiff
Vom Strande hebt – Und jedem einzelnen
Wächst das Gemüt im großen Strom der Menge.
Jetzt hast du sie, jetzt noch! Bald sprengt der Krieg
Sie wieder auseinander, dahin, dorthin –
In eignen kleinen Sorgen und Intressen
Zerstreut sich der gemeine Geist. Wer heute,
Vom Strome fortgerissen, sich vergißt,
Wird nüchtern werden, sieht er sich allein,
Nur seine Ohnmacht fühlen und geschwind
Umlenken in die alte, breitgetretne
Fahrstraße der gemeinen Pflicht, nur wohlbehalten
unter Dach zu kommen suchen.

Wallenstein.
Die Zeit ist noch nicht da.

Terzky.
So sagst du immer.
Wann aber wird es Zeit sein?

Wallenstein.
Wenn ich's sage.

Illo.
Oh! du wirst auf die Sternenstunde warten,
Bis dir die irdische entflieht! Glaub mir,
In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne.
Vertrauen zu dir selbst, Entschlossenheit
Ist deine Venus! Der Maleficus,
Der einz'ge, der dir schadet, ist der Zweifel.

Wallenstein.
Du redst, wie du's verstehst. Wie oft und vielmals
Erklärt' ich dir's! – Dir stieg der Jupiter
Hinab bei der Geburt, der helle Gott;
Du kannst in die Geheimnisse nicht schauen.
Nur in der Erde magst du finster wühlen,
Blind wie der Unterirdische, der mit dem bleichen
Bleifarbnen Schein ins Leben dir geleuchtet.
Das Irdische, Gemeine magst du sehn,
Das Nächste mit dem Nächsten klug verknüpfen;
Darin vertrau ich dir und glaube dir.
Doch, was geheimnisvoll bedeutend webt
Und bildet in den Tiefen der Natur, –
Die Geisterleiter, die aus dieser Welt des Staubes
Bis in die Sternenwelt, mit tausend Sprossen,
Hinauf sich baut, an der die himmlischen
Gewalten wirkend auf und nieder wandeln,
– Die Kreise in den Kreisen, die sich eng
Und enger ziehn um die zentralische Sonne –
Die sieht das Aug' nur, das entsiegelte,
Der hellgebornen, heitern Joviskinder.

(Nachdem er einen Gang durch den Saal gemacht, bleibt er stehen und fährt fort.)

Die himmlischen Gestirne machen nicht
Bloß Tag und Nacht, Frühling und Sommer – nicht
Dem Sämann bloß bezeichnen sie die Zeiten
Der Aussaat und der Ernte. Auch des Menschen Tun
Ist eine Aussaat von Verhängnissen,
Gestreuet in der Zukunft dunkles Land,
Den Schicksalsmächten hoffend übergeben.
Da tut es not, die Saatzeit zu erkunden,
Die rechte Sternenstunde auszulesen,
Des Himmels Häuser forschend zu durchspüren,
Ob nicht der Feind des Wachsens und Gedeihens
In seinen Ecken schadend sich verberge.
Drum laßt mir Zeit. Tut ihr indes das Eure.
Ich kann jetzt noch nicht sagen, was ich tun will.
Nachgeben aber werd ich nicht. Ich nicht!
Absetzen sollen sie mich auch nicht – Darauf
Verlaßt euch.

Kammerdiener (kommt).
Die Herrn Generale.

Wallenstein.
Laß sie kommen.

Terzky.
Willst du, daß alle Chefs zugegen seien?

Wallenstein.
Das braucht's nicht. Beide Piccolomini,
Maradas, Buttler, Forgatsch, Deodat,
Caraffa, Isolani mögen kommen.

(Terzky geht hinaus mit dem Kammerdiener.)

Wallenstein (zu Illo).
Hast du den Questenberg bewachen lassen?
Sprach er nicht ein'ge in geheim?

Illo.
Ich hab ihn scharf bewacht. Er war mit niemand
Als dem Octavio.

                                             Siebenter Auftritt
Vorige. Questenberg, beide Piccolomini, Buttler, Isolani, Maradas und noch drei andere Generale treten herein. Auf den Wink des Generals nimmt Questenberg ihm gerad gegenüber Platz, die andern folgen nach ihrem Range. Es herrscht eine augenblickliche Stille.

Wallenstein.
Ich hab den Inhalt Ihrer Sendung zwar
Vernommen, Questenberg, und wohl erwogen,
Auch meinen Schluß gefaßt, den nichts mehr ändert.
Doch, es gebührt sich, daß die Kommandeurs
Aus Ihrem Mund des Kaisers Willen hören –
Gefall' es Ihnen denn, sich Ihres Auftrags
Vor diesen edeln Häuptern zu entledigen.

Questenberg.
Ich bin bereit, doch bitt ich zu bedenken,
Daß kaiserliche Herrschgewalt und Würde
Aus meinem Munde spricht, nicht eigne Kühnheit.

Wallenstein.
Den Eingang spart.

Questenberg.
Als Seine Majestät
Der Kaiser ihren mutigen Armeen
Ein ruhmgekröntes, kriegserfahrnes Haupt
Geschenkt in der Person des Herzogs Friedland,
Geschah's in froher Zuversicht, das Glück
Des Krieges schnell und günstig umzuwenden.
Auch war der Anfang ihren Wünschen hold,
Gereiniget ward Böheim von den Sachsen,
Der Schweden Siegeslauf gehemmt – es schöpften
Aufs neue leichten Atem diese Länder,
Als Herzog Friedland die zerstreuten Feindesheere
Herbei von allen Strömen Deutschlands zog,
Herbei auf einen Sammelplatz beschwor
Den Rheingraf, Bernhard, Banner, Oxenstirn
Und jenen nie besiegten König selbst,
Um endlich hier im Angesichte Nürnbergs
Das blutig große Kampfspiel zu entscheiden.

Wallenstein.
Zur Sache, wenn's beliebt.

Questenberg.
Ein neuer Geist
Verkündigte sogleich den neuen Feldherrn.
Nicht blinde Wut mehr rang mit blinder Wut,
In hellgeschiednem Kampfe sah man jetzt
Die Festigkeit der Kühnheit widerstehn
Und weise Kunst die Tapferkeit ermüden.
Vergebens lockt man ihn zur Schlacht, er gräbt
Sich tief und tiefer nur im Lager ein,
Als gält' es, hier ein ewig Haus zu gründen.
Verzweifelnd endlich will der König stürmen,
Zur Schlachtbank reißt er seine Völker hin,
Die ihm des Hungers und der Seuchen Wut
Im leichenvollen Lager langsam tötet.
Durch den Verhack des Lagers, hinter welchem
Der Tod aus tausend Röhren lauert, will
Der Niegehemmte stürmend Bahn sich brechen.
Da ward ein Angriff und ein Widerstand,
Wie ihn kein glücklich Auge noch gesehn.
Zerrissen endlich führt sein Volk der König
Vom Kampfplatz heim, und nicht ein Fußbreit Erde
Gewann es ihm, das grause Menschenopfer.

Wallenstein.
Ersparen Sie's, uns aus dem Zeitungsblatt
Zu melden, was wir schaudernd selbst erlebt.

Questenberg.
Anklagen ist mein Amt und meine Sendung,
Es ist mein Herz, was gern beim Lob verweilt.
In Nürnbergs Lager ließ der schwedische König
Den Ruhm – in Lützens Ebenen das Leben.
Doch wer erstaunte nicht, als Herzog Friedland
Nach diesem großen Tag wie ein Besiegter
Nach Böheim floh, vom Kriegesschauplatz schwand,
Indes der junge weimarische Held
Ins Frankenland unaufgehalten drang,
Bis an die Donau reißend Bahn sich machte
Und stand mit einem Mal vor Regenspurg,
Zum Schrecken aller gut kathol'schen Christen.
Da rief der Bayern wohlverdienter Fürst
Um schnelle Hilf' in seiner höchsten Not, –
Es schickt der Kaiser sieben Reitende
An Herzog Friedland ab mit dieser Bitte
Und fleht, wo er als Herr befehlen kann.
Umsonst! Es hört in diesem Augenblick
Der Herzog nur den alten Haß und Groll,
Gibt das gemeine Beste preis, die Rachgier
An einem alten Feinde zu vergnügen.
Und so fällt Regenspurg!

Wallenstein.
Von welcher Zeit ist denn die Rede, Max?
Ich hab gar kein Gedächtnis mehr.

Max.
Er meint,
Wie wir in Schlesien waren.

Wallenstein.
So! So! So!
Was aber hatten wir denn dort zu tun?

Max.
Die Schweden draus zu schlagen und die Sachsen.

Wallenstein.
Recht! Über der Beschreibung da vergeß ich
Den ganzen Krieg –

(Zu Questenberg.) Nur weiter fortgefahren!

Questenberg.
Am Oderstrom vielleicht gewann man wieder,
Was an der Donau schimpflich ward verloren.
Erstaunenswerte Dinge hoffte man
Auf dieser Kriegesbühne zu erleben,
Wo Friedland in Person zu Felde zog,
Der Nebenbuhler Gustavs einen – Thurn
Und einen Arnheim vor sich fand. Und wirklich
Geriet man nahe g'nug hier aneinander,
Doch, um als Freund, als Gast sich zu bewirten.
Ganz Deutschland seufzte unter Kriegeslast,
Doch Friede war's im Wallensteinischen Lager.

Wallenstein.
Manch blutig Treffen wird um nichts gefochten,
Weil einen Sieg der junge Feldherr braucht.
Ein Vorteil des bewährten Feldherrn ist's,
Daß er nicht nötig hat, zu schlagen, um
Der Welt zu zeigen, er versteh' zu siegen.
Mir konnt' es wenig helfen, meines Glücks
Mich über einen Arnheim zu bedienen;
Viel nützte Deutschland meine Mäßigung,
Wär' mir's geglückt, das Bündnis zwischen Sachsen
Und Schweden, das verderbliche, zu lösen.

Questenberg.
Es glückte aber nicht, und so begann
Aufs neu das blut'ge Kriegesspiel. Hier endlich
Rechtfertigte der Fürst den alten Ruhm.
Auf Steinaus Feldern streckt das schwedische Heer
Die Waffen, ohne Schwertstreich überwunden –
Und hier, mit andern, lieferte des Himmels
Gerechtigkeit den alten Aufruhrstifter,
Die fluchbeladne Fackel dieses Kriegs,
Matthias Thurn, des Rächers Händen aus.
– Doch in großmüt'ge Hand war er gefallen:
Statt Strafe fand er Lohn, und reich beschenkt
Entließ der Fürst den Erzfeind seines Kaisers.

Wallenstein (lacht).
Ich weiß, ich weiß – Sie hatten schon in Wien
Die Fenster, die Balkons vorausgemietet,
Ihn auf dem Armensünderkarrn zu sehn –
Die Schlacht hätt' ich mit Schimpf verlieren mögen,
Doch das vergeben mir die Wiener nicht,
Daß ich um ein Spektakel sie betrog.

Questenberg.
Befreit war Schlesien, und alles rief
Den Herzog nun ins hartbedrängte Bayern.
Er setzt auch wirklich sich in Marsch – gemächlich
Durchzieht er Böheim auf dem längsten Wege;
Doch eh' er noch den Feind gesehen, wendet
Er schleunig um, bezieht sein Winterlager, drückt
Des Kaisers Länder mit des Kaisers Heer.

Wallenstein.
Das Heer war zum Erbarmen, jede Notdurft, jede
Bequemlichkeit gebrach – der Winter kam.
Was denkt die Majestät von ihren Truppen?
Sind wir nicht Menschen? Nicht der Kält' und Nässe,
Nicht jeder Notdurft sterblich unterworfen?
Fluchwürdig Schicksal des Soldaten! Wo
Er hinkommt, flieht man vor ihm – wo er weggeht,
Verwünscht man ihn! Er muß sich alles nehmen;
Man gibt ihm nichts, und jeglichem gezwungen
Zu nehmen, ist er jeglichem ein Greuel.
Hier stehen meine Generals. Caraffa!
Graf Deodati! Buttler! Sagt es ihm,
Wie lang der Sold den Truppen ausgeblieben?

Buttler.
Ein Jahr schon fehlt die Löhnung.

Wallenstein.
Und sein Sold
Muß dem Soldaten werden, darnach heißt er!

Questenberg.
Das klingt ganz anders, als der Fürst von Friedland
Vor acht, neun Jahren sich vernehmen ließ.

Wallenstein.
Ja, meine Schuld ist es, weiß wohl, ich selbst
Hab mir den Kaiser so verwöhnt. Da! Vor neun Jahren
Beim Dänenkriege, stellt' ich eine Macht ihm auf
Von vierzigtausend Köpfen oder fünfzig,
Die aus dem eignen Säckel keinen Deut
Ihm kostete – Durch Sachsens Kreise zog
Die Kriegesfurie, bis an die Schären
Des Belts den Schrecken seines Namens tragend.
Da war noch eine Zeit! Im ganzen Kaiserstaate
Kein Nam' geehrt, gefeiert wie der meine,
Und Albrecht Wallenstein, so hieß
Der dritte Edelstein in seiner Krone!
Doch auf dem Regenspurger Fürstentag,
Da brach es auf! Da lag es kund und offen,
Aus welchem Beutel ich gewirtschaft't hatte.
Und was war nun mein Dank dafür, daß ich,
Ein treuer Fürstenknecht, der Völker Fluch
Auf mich gebürdet – diesen Krieg, der nur
Ihn groß gemacht, die Fürsten zahlen lassen?
Was? Aufgeopfert wurd ich ihren Klagen,
– Abgesetzt wurd ich.

Questenberg.
Eure Gnaden weiß,
Wie sehr auf jenem unglücksvollen Reichstag
Die Freiheit ihm gemangelt.

Wallenstein.
Tod und Teufel!
Ich hatte, was ihm Freiheit schaffen konnte.
– Nein, Herr! Seitdem es mir so schlecht bekam,
Dem Thron zu dienen, auf des Reiches Kosten,
Hab ich vom Reich ganz anders denken lernen.
Vom Kaiser freilich hab ich diesen Stab,
Doch führ' ich jetzt ihn als des Reiches Feldherr,
Zur Wohlfahrt aller, zu des Ganzen Heil,
Und nicht mehr zur Vergrößerung des einen!
– Zur Sache doch. Was ist's, das man von mir begehrt?

Questenberg.
Fürs erste wollen Seine Majestät,
Daß die Armee ohn' Aufschub Böhmen räume.

Wallenstein.
In dieser Jahrszeit? Und wohin will man,
Daß wir uns wenden?

Questenberg.
Dahin, wo der Feind ist.
Denn Seine Majestät will Regenspurg
Vor Ostern noch vom Feind gesäubert sehn,
Daß länger nicht im Dome lutherisch
Gepredigt werde – ketzerischer Greul
Des Festes reine Feier nicht besudle.

Wallenstein.
Kann das geschehen, meine Generals?

Illo.
Es ist nicht möglich.

Buttler.
Es kann nicht geschehn.

Questenberg.
Der Kaiser hat auch schon dem Oberst Suys
Befehl geschickt, nach Bayern vorzurücken.

Wallenstein.
Was tat der Suys?

Questenberg.
Was er schuldig war.
Er rückte vor.

Wallenstein.
Er rückte vor! Und ich,
Sein Chef, gab ihm Befehl, ausdrücklichen,
Nicht von dem Platz zu weichen! Steht es so
Um mein Kommando? Das ist der Gehorsam,
Den man mir schuldig, ohne den kein Kriegsstand
Zu denken ist? Sie, meine Generale,
Seien Richter! Was verdient der Offizier,
Der eidvergessen seine Ordre bricht?

Illo.
Den Tod!

Wallenstein (da die übrigen bedenklich schweigen, mit erhöhter Stimme).
Graf Piccolomini, was hat er
Verdient?

Max (nach einer langen Pause).
Nach des Gesetzes Wort – den Tod!

Isolani.
Den Tod!

Buttler.
Den Tod nach Kriegesrecht!

(Questenberg steht auf. Wallenstein folgt, es erheben sich alle.)

Wallenstein.
Dazu verdammt ihn das Gesetz, nicht ich!
Und wenn ich ihn begnadige, geschieht's
Aus schuld'ger Achtung gegen meinen Kaiser.

Questenberg.
Wenn's so steht, hab ich hier nichts mehr zu sagen.

Wallenstein.
Nur auf Bedingung nahm ich dies Kommando;
Und gleich die erste war, daß mir zum Nachteil
Kein Menschenkind, auch selbst der Kaiser nicht,
Bei der Armee zu sagen haben sollte.
Wenn für den Ausgang ich mit meiner Ehre
Und meinem Kopf soll haften, muß ich Herr
Darüber sein. Was machte diesen Gustav
Unwiderstehlich, unbesiegt auf Erden?
Dies: daß er König war in seinem Heer!
Ein König aber, einer, der es ist,
Ward nie besiegt noch, als durch seinesgleichen –
Jedoch zur Sach'. Das Beste soll noch kommen.

Questenberg.
Der Kardinal-Infant wird mit dem Frühjahr
Aus Mailand rücken und ein spanisch Heer
Durch Deutschland nach den Niederlanden führen.
Damit er sicher seinen Weg verfolge,
Will der Monarch, daß hier aus der Armee
Acht Regimenter ihn zu Pferd begleiten.

Wallenstein.
Ich merk, ich merk – Acht Regimenter – Wohl!
Wohl ausgesonnen, Pater Lamormain!
Wär' der Gedank' nicht so verwünscht gescheit,
Man wär' versucht, ihn herzlich dumm zu nennen.
Achttausend Pferde! Ja! Ja! es ist richtig,
Ich seh es kommen.

Questenberg.
Es ist nichts dahinter
Zu sehn. Die Klugheit rät's, die Not gebeut's.

Wallenstein.
Wie, mein Herr Abgesandter? Ich soll's wohl
Nicht merken, daß man's müde ist, die Macht,
Des Schwertes Griff in meiner Hand zu sehn?
Daß man begierig diesen Vorwand hascht,
Den span'schen Namen braucht, mein Volk zu mindern,
Ins Reich zu führen eine neue Macht,
Die mir nicht untergeben sei. Mich so
Gerad beiseit' zu werfen, dazu bin ich
Euch noch zu mächtig. Mein Vertrag erheischt's,
Daß alle Kaiserheere mir gehorchen,
So weit die deutsche Sprach' geredet wird.
Von span'schen Truppen aber und Infanten,
Die durch das Reich als Gäste wandernd ziehn,
Steht im Vertrage nichts – Da kommt man denn
So in der Stille hinter ihm herum,
Macht mich erst schwächer, dann entbehrlich, bis
Man kürzeren Prozeß kann mit mir machen.
– Wozu die krummen Wege, Herr Minister?
Gerad heraus! Den Kaiser drückt das Paktum
Mit mir. Er möchte gerne, daß ich ginge.
Ich will ihm den Gefallen tun, das war
Beschloßne Sache, Herr, noch eh' Sie kamen.

(Es entsteht eine Bewegung unter den Generalen, welche immer zunimmt.)

Es tut mir leid um meine Obersten,
Noch seh ich nicht, wie sie zu ihren vorgeschoßnen
Geldern,
Zum wohlverdienten Lohne kommen werden.
Neu Regiment bringt neue Menschen auf,
Und früheres Verdienst veraltet schnell.
Es dienen viel Ausländische im Heer,
Und war der Mann nur sonsten brav und tüchtig,
Ich pflegte eben nicht nach seinem Stammbaum
Noch seinem Katechismus viel zu fragen.
Das wird auch anders werden künftighin!
Nun – mich geht's nichts mehr an. (Er setzt sich.)

Max.
Da sei Gott für,
Daß es bis dahin kommen soll! – Die ganze
Armee wird furchtbar gärend sich erheben –
Der Kaiser wird mißbraucht, es kann nicht sein.

Isolani.
Es kann nicht sein, denn alles ging' zu Trümmern.

Wallenstein.
Das wird es, treuer Isolan. Zu Trümmern
Wird alles gehn, was wir bedächtig bauten.
Deswegen aber find't sich doch ein Feldherr,
Und auch ein Kriegsheer läuft noch wohl dem Kaiser
Zusammen, wenn die Trommel wird geschlagen.

Max (geschäftig, leidenschaftlich von einem zum andern gehend und sie besänftigend).
Hör mich, mein Feldherr! Hört mich, Obersten!
Laß dich beschwören, Fürst! Beschließe nichts,
Bis wir zusammen Rat gehalten, dir
Vorstellungen getan – Kommt, meine Freunde!
Ich hoff, es ist noch alles herzustellen.

Terzky.
Kommt, kommt! im Vorsaal treffen wir die andern.

(Gehen.)

Buttler (zu Questenberg).
Wenn guter Rat Gehör bei Ihnen findet,
Vermeiden Sie's, in diesen ersten Stunden
Sich öffentlich zu zeigen, schwerlich möchte Sie
Der goldne Schlüssel vor Mißhandlung schützen.

(Laute Bewegungen draußen.)

Wallenstein.
Der Rat ist gut – Octavio, du wirst
Für unsers Gastes Sicherheit mir haften.
Gehaben Sie sich wohl, von Questenberg!

(Als dieser reden will.)

Nichts, nichts von dem verhaßten Gegenstand!
Sie taten Ihre Schuldigkeit. Ich weiß
Den Mann von seinem Amt zu unterscheiden.

(Indem Questenberg mit dem Octavio abgehen will, dringen Götz, Tiefenbach, Colalto herein, denen noch mehrere Kommandeurs folgen.)

Götz.
Wo ist er, der uns unsern General –
Tiefenbach (zugleich).
Was müssen wir erfahren, du willst uns –
Colalto (zugleich).
Wir wollen mit dir leben, mit dir sterben.

Wallenstein (mit Ansehen, indem er auf Illo zeigt).
Hier der Feldmarschall weiß um meinen Willen.

(Geht ab.)