Reinhard Mey
An meinen schlafenden Hund
Der Abend legt sich leise über unser Haus
Friedliche Schatten ringsum steigen
Ein langer Tag klingt in der dunklen Stube aus
Garten und Weg liegen im Schweigen
Mit Bildern, die durch deine Träume zieh'n
Liegst du, wie kleine Hunde liegen
Fest eingerollt zu meinen Füßen am Kamin
Und schnarchst, dass sich die Scheite biegen

Im Schlaf wedelst du mit den Pfoten ab und zu
Vielleicht läuft dir im Traum der Hase
Der immer nur eine Spur schneller war als du
Geradewegs vor die Nase
Und diesmal holst du ihn mühelos ein
Du rennst ihn glatt über den Haufen
Doch dir reicht der Triumph, ein Gentleman zu sein
Und großzügig lässt du ihn laufen

Oder begegnet dir der Briefträger vielleicht
Auf seinem gelben Moped grade?
Das Wurstpaket, das er dir grüßend überreicht
Schickt dir dein Neffe Ernst aus Stade
Das hat der wirklich prima abgepasst
Die mag're Zeit stand vor den Toren
Denn über Knochen, die du eingegraben hast
Ist jetzt die Erde hart gefroren
Deine Nase glänzt tiefschwarz und frisch lackiert
Du gähnst und blinzelst träg' ins Feuer
Und während es jetzt Stein und Bein da draußen friert
Bestehst du neue Abenteuer
Vielleicht erträumst du eine ganze Symphonie
Wilder exotischer Gerüche
Feldmaus und Igel in vollkomm'ner Harmonie
Mit Apfelkuchen aus der Küche

In dicken Flocken fällt vorm Haus ein neuer Schnee
Und legt sich lautlos vor die Scheiben
Na, du wirst ganz schön staunen, denn wie ich das seh'
Wird er wohl länger liegen bleiben
Bis dahin träum' von März und Feld, vom jungen Gras
Vom Schnüffeln, Zotteln, Stöbern, Graben
Wenn wir und Feldmaus, Igel, Maulwurf, Fuchs und Has'
Den Winterschlaf beendet haben

Und ein Tag mehr ist schon vollbracht
Nun, braves, altes Schnarchhorn, gute Nacht!