Heinrich Heine
Rezensionen - Kapitel 6
              Vorbemerkung zu Lautenbacher's Paraphrase                                   einer Stelle des Tacitus
                                                   (1828)


    Anno 1794 lieferte der Vieux cordelier eine Paraphrase jenes Kapitels des Tazitus, wo dieser den Zutand Rom's unter Nero schildert. Ganz Paris fand darin auch das Bild seiner eigenen Schreckenszeit und wenn es auch dem furchtbaren Robespierre gelang, den Verfasser jener Paraphrase, den edlen Camille Desmoulins, hinrichten zu lassen, so blieb doch dessen Wort am Leben; gleich geheimnisvoller Saat wucherte es im Herzen des Volkes, getränkt von Märtyrerblut schoß diese Saat um so üppiger empor, und ihre Frucht war der neunte Thermidor.

    Paraphrasen des Tacitus gehören also nicht bloß ins Gebiet der Schulstube und dürften wohl in »politischen Annalen« ihre Stelle finden.